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12.9.2024, Andreas Nievergelt

"Es leben 1'177 Jugendliche im Alter zwischen 12 und 16 Jahren in Bülach."

Interview mit Stadträtin Frauke Böni

Stadträtin Frauke Böni leitet das Ressort Soziales & Gesundheit. (zvg)

Stadträtin Frauke Böni leitet das Ressort Soziales & Gesundheit. (zvg)

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Das Thema Jugendarbeit steht ganz zuoberst auf der Traktandenliste des Ressorts Soziales und Gesundheit. Stadträtin Frauke Böni gibt Antworten auf Fragen rund um die Jugendarbeit und das Jugendkonzept.

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Es ist wichtig, dass die Stadt eine eigene, eine offene Jugendarbeit anbietet, weil Jugendliche heute oft vor Herausforderungen stehen, die Familie, Freunde oder Vereine allein nicht auffangen können. Die offene Jugendarbeit einer Gemeinde unterscheidet sich insbesondere von der Verbands-Jugendarbeit sowie derjenigen von Religionsgemeinschaften, die ansonsten auch weit verbreitet sind. Die Angebote der offenen Jugendarbeit können von Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen ohne Mitgliedschaften und anderen Vorbedingungen individuell, niederschwellig und freiwillig genutzt werden. Natürlich leisten Familien und Vereine viel, aber nicht jeder Jugendliche hat den gleichen Zugang zu diesen Ressourcen. Genau hier setzt die städtische Jugendarbeit an: Sie ergänzt diese Unterstützung mit professioneller Hilfe, zum Beispiel in Bereichen wie Suchtprävention, psychischer Gesundheit oder Fragen zur sexuellen Orientierung.

Stadtblatt-App: Weshalb braucht es überhaupt eine von der Stadt organisierte Jugendarbeit. Können das nicht Familie, Vereine, Freunde etc. bewerkstelligen?

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Aktuell verfügt die städtische Jugendarbeit über 240 Stellenprozente. 100 Stellenprozent davon wurden erst kürzlich vom Stadtrat genehmigt, nachdem seit 2010 keine Stellenprozente erhöht wurden. Der Dachverband offene Jugendarbeit Schweiz (DOJ) empfiehlt 200 Stellenprozente auf 10‘000 Einwohnende. Bülach liegt mit seinen 24‘000 Einwohnenden und 240 Stellenprozent also noch immer weit unter dieser Empfehlung. Es ist aber jetzt noch verfrüht zu sagen, wieviel Stellenprozent aus Sicht der Stadt Bülach sinnvoll sind, zuerst müssen die Massnahmen detailliert ausgearbeitet werden.

Wie viele Stellen-% sind im Moment in der Jugendarbeit angestellt und wie viele sind in Zukunft geplant?

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Es leben 1'177 Jugendliche im Alter zwischen 12 und 16 Jahren in Bülach. In den vergangenen drei Jahren lag die durchschnittliche Besucherzahl zu den Hauptbesuchszeiten jeweils zwischen 25 bis 44 Jugendlichen. Der aktuelle Jugendtreff bietet Platz für maximal 50 Jugendliche. Bei durchschnittlich 44 Jugendlichen ist der Lärmpegel dann jeweils doch ziemlich hoch und die Platzverhältnisse beschränkt.

Wie viele Jugendliche zwischen 12 und 16 Jahren leben in Bülach und wie viele kamen jeweils in den JugendTreff?

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Konkrete Zahlen liegen uns nicht vor. Die Bülacher Jugendarbeit tauscht aber regelmässig Erfahrungen mit anderen Jugendarbeits-Stellen aus. Insofern wissen wir, dass die Anzahl Besuchende vergleichbar ist mit anderen Gemeinden. Wobei im Vergleich zu den anderen Gemeinden der Bülacher Jugendtreff in den Ferienzeiten überdurchschnittlich besucht ist, während andere Gemeinden die Jugendtreffs in den Ferien schliessen. Wir haben zudem schon längere Zeit eine Mädchengruppe, die den Treff konstant besucht. Auch das ist nicht selbstverständlich. Der Jugendtreff wird generell mehr von männlichen Jugendlichen besucht, wodurch sich potenzielle weibliche Besucherinnen z. T. auch abgeschreckt fühlen. Die Besucherzahl hängt auch immer vom Raumangebot ab. Je mehr Platz, desto mehr Jugendliche kommen auch, die sich in überfüllten Räumen nicht wohlfühlen würden. Der Bülacher Jugendtreff besteht aus einem einzigen grossen Raum mit verschiedenen Angeboten wie Tischtennis, Jöggele, Billard, Gamen. Das heisst, es können sich nicht unterschiedliche Alters- oder Geschlechtergruppen getrennt im Jugendtreff aufhalten.

Ist dieser Schnitt bei anderen Gemeinden ähnlich, besser oder schlechter?

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Der Übergang ins Jugendalter ist eine entscheidende Phase. In diesem Alter durchlaufen Kinder signifikante Entwicklungsprozesse und sind besonders empfänglich für präventive Unterstützungsangebote. Die Interviews und Workshops mit den verschiedensten Akteuren der Jugendarbeit in Bülach hat deutlich die Wichtigkeit betont, bereits mit 5.- und 6.-Klässlern in Kontakt zu sein. Die Schaffung von Vertrauen in die Jugendarbeit in dieser Altersphase ist wesentlich für spätere Altersphasen, in denen Jugendliche sich eher an Gleichaltrigengruppen oder digitalen Medien orientieren. Die Jugendarbeit ist aber nicht primär auf das Alter 12 – 16 eingegrenzt, auf diesen soll einfach ein Schwerpunkt liegen. Wir wollen auch vermehrt junge Erwachsene mit der Jugendarbeit erreichen. Das sind dann aber je nachdem andere Angebote als der Jugendtreff an sich, die dort eine Rolle spielen – z. B. autonom nutzbare Räume sowie Beratungsangebote.

Weshalb habt Ihr die Eingrenzung 12 – 16 Jahre gewählt, plus punktuell 5.-+6.-Klässler?

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Wir möchten uns noch stärker an den Interessen und Bedürfnissen der Jugendlichen orientieren. Erfolgreiche bestehende Angebote wollen wir weiter ausbauen und uns bei Neuen gezielt an den Anforderungen spezifischer Gruppen, wie etwa Mädchen oder Jugendlichen aus strukturell benachteiligten Familien, ausrichten. Die Umfrage hat gezeigt, was den Jugendlichen fehlt: Ein zentraler Begegnungsort, der vielseitig nutzbar und länger offen ist, aber auch autonome Räume und öffentliche Räume, in denen sie toleriert, oder noch besser akzeptiert und integriert sind. Die Jugendarbeitenden sollen auch wieder vermehrt aufsuchend unterwegs sein und so den Kontakt herstellen.

Wie wollt ihr in Zukunft die Jugendlichen besser erreichen?

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Die allgemeine Wahrnehmung in der Bevölkerung, in der Politik und bei anderen Akteuren ist wichtig, weil uns sonst die Unterstützung zum Ausbau der benötigten Ressourcen fehlt. Man muss wissen, im Gegensatz zum Beispiel zur Pflegeversorgung, gibt es im Kanton Zürich keine gesetzliche Grundlage, die die Finanzierung der Jugendarbeit in allen Gemeinden vorschreibt. Jede Gemeinde entscheidet, ob und wie sie Jugendarbeit fördert und finanziert. Diese Verantwortung ergibt sich aus lokalen Regelungen zur Jugendförderung, z.B. beim Sport oder in der Kultur. Der Kanton unterstützt einzelne Projekte indirekt. Je nach politischem Wind bekommt die Jugendarbeit mehr oder weniger Ressourcen. Zur Erhöhung der Sichtbarkeit wird es sicher einige Massnahmen brauchen. Klassische Kommunikation, wie Webseiten und Medienarbeit, aber auch regelmässiger Austausch mit den Partnerakteurinnen und -akteuren, mehr Informationsanlässe an den Schulen aber natürlich auch Angebote, die die Jugendlichen gerne nützen und dann andere in ihrer Peer-Group motivieren, mitzumachen.

Wie wollt Ihr sichtbarer werden?

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Sicher nicht nur, wenn etwas schiefgelaufen ist. Unsere Zukunft liegt in der Jugend, das muss man sich immer wieder bewusst machen. Sie sind die nachwachsende Generation, viele gesellschaftliche Herausforderungen werden sie an die Hand nehmen und lösen müssen. Darum sind wir sehr darauf angewiesen, dass alle Kinder und Jugendlichen die Chance erhalten, zu selbstbewussten, verantwortungsbewussten und gut integrierten Mitgliedern der Gesellschaft heranzuwachsen. Aktuell werden die Vernetzungsgefässe für verschiedene Themen in der Stadt Bülach neu positioniert. Dabei soll mehr Gewicht auf die Mitwirkung für alle Themenbereiche gelegt werden. Für die Themen Alter sowie Inklusion (UNO-BRK) wurden die Anpassungen bereits umgesetzt. Für die Themen Kinder und Jugend soll dies ebenfalls erfolgen. Damit soll die Politik noch näher an die Bedürfnisse der Bülacher und Bülacherinnen, in diesem Fall an die der Jugend, herangerückt werden.

Wie wollt Ihr im politischen Umfeld mehr wahrgenommen werden?

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Jugendarbeit spielt eine wertvolle Rolle in einem größeren Netzwerk der Unterstützung, das junge Menschen auf ihrem Weg ins Erwachsenenleben begleitet. Familie und Schule sind wichtige Ankerpunkte, aber gerade in der heutigen, oft überfordernden Welt brauchen Jugendliche zusätzliche Räume und Bezugspersonen, die sie in ihrer individuellen Entwicklung fördern. Hier setzt die Jugendarbeit an – sie ergänzt nicht nur, sondern schafft gezielt Angebote, die sich auf die persönlichen Herausforderungen der Jugendlichen konzentrieren. Ob es um sozialen Austausch, Freizeitaktivitäten oder um Themen wie Suchtprävention und mentale Gesundheit geht – die Jugendarbeit bietet Jugendlichen sichere Orte, um sich auszuprobieren, Selbstständigkeit zu entwickeln und soziale Verantwortung zu übernehmen. Sie gibt ihnen Raum, um in einer Gemeinschaft mit Gleichaltrigen zu wachsen, während sie zugleich die nötige Unterstützung erhalten, um ihren eigenen Weg zu finden.

Reicht diese Unterstützung, gerade in der heutigen, komplexen und vielschichtigen Zeit?

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Ja, auch die Jugendlichen in Bülach sind mit den Themen Gewalt, Drogen, Missbrauch, Radikalisierung und Diskriminierung konfrontiert. Die städtische Jugendarbeit ist im regelmässigen Austausch mit der Stadtpolizei und der Schulsozialarbeit, um allfällige Trends frühzeitig zu erkennen. Es müssen zum Teil von Ordnungsseite interveniert und gewisse Massnahmen gesprochen werden. Im Grossen und Ganzen ist es aus Sicht der Jugendarbeit in Bülach aber friedlich und auffallende Gruppierungen sind Stand jetzt wenig bekannt. Die Atmosphäre im Jugendtreff ist in der Regel angenehm und konfliktfrei.

Gewalt, Drogen, Missbrauch, Radikalisierung, Diskriminierung: alles sehr starke Themen. Wie steht es da mit unseren Jugendlichen?

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Das Bevölkerungswachstum und die Verdichtung haben den Zugang zu öffentlichen Räumen verringert. Viele Jugendliche sind neu in Bülach oder kennen ihre Quartiere nicht. Besonders Mädchen der 5. und 6. Klasse sowie ältere Jugendliche äusserten in den "Commented Walks" den Wunsch für Treffpunkten und dezentrale Räume.

Wie hat sich das starke Bevölkerungswachstum auf die Jugend ausgewirkt?

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Ja, das stimmt – das kam auch ganz klar aus der empirischen Analyse für die Erstellung des Konzepts für eine wirkungsvolle Jugendarbeit heraus. Auch diese Sichtbarkeit ist enorm wichtig und wir haben da Aufholarbeit zu tun. Die Pflege dieser digitalen Kanäle erfolgt direkt durch die Jugendarbeit. Mit bis Juli diesen Jahres 140 Stellenprozent, die zumeist direkt vor Ort für die Betreuung der Öffnungszeiten im Jugendtreff genutzt werden mussten, konnte hier schlichtweg noch nicht die entsprechenden Prioritäten gesetzt werden.

Auf der Website der Jugendarbeit: ein aktueller, ein undatierter und dann einer von 2023… Jugendarbeit auf Facebook: ein aktueller, zweiter Post war vom 22. Juni 2022… etwas besser war es bei Instagram… doch insgesamt kommt der Gedanke auf, das wurde nicht wirklich gepflegt… (die Links wurden mittlerweile entfernt)
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Kommentare

Für die ältere Generation wird viel getan in unserer Stadt. Es besteht eine ganze Reihe unterstützender Angebote. Die Stiftung Alterszentrum nimmt einen prominenten Platz ein. Die Stadtbehörde hat ein Alterskonzept erstellt.
Umso erfreulicher, dass Frauke Böni nun den Fokus auf die Jungen richtet, auch wenn hier keine Lorbeeren abzuholen sind und der Weg oft steinig ist. Jugendarbeit ist zwar keine Versicherung, aber bestimmt der weitaus günstigste Weg, um in vielen Fällen die Weichen richtig zu stellen und spätere Sozialkosten zu verhindern. Ich bin beeindruckt und wünsche Frauke Böni viel Erfolg.

Endlich sind die Jungen dran

16.9.2024, Paul Oertli

"Es leben 1'177 Jugendliche im Alter zwischen 12 und 16 Jahren in Bülach."

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